Traumberuf: Balletttänzer - Ein Leben in einer Traumwelt mit knallharter Realität

Viele kleine Mädchen und Jungen träumen davon auf der Bühne zu stehen. Im Scheinwerferlicht. Mit Kostümen und einem Publikum, welches einem nach der Vorstellung zu jubelt und Blumen auf die Bühne wirft. Doch so schön, dass alles aussieht und so leicht es wirkt… es ist ein knallharter Beruf.

Schon im frühem Kindesalter erfahren die angehenden Tänzer, dass es ein Leben mit ständiger Kontrolle, Disziplin und Leistungsdruck sein wird.

Ganz nach dem Motto: „Früh übt sich!“, sollte man mit 3 oder 4 Jahren schon angefangen haben die ersten Schritte zu erlernen. Am besten wäre es, statt auf eine „normale“ Schule auf ein Ballettinternat zu gehen. Hier wird man allerdings nur aufgenommen nach einer bestandenen Aufnahmeprüfung. Der erste große Leistungsnachweis, den man erbringen muss, um seinem Traum von einen Tänzer näher zu kommen.

Hat man sich dazu entschieden auf ein Ballettinternat zu gehen, sollte man von Anfang an wissen, dass man kein altersgerechtes Leben haben wird. Partys, wie „normale“ Teenager werden im Internat nicht gestattet. Man verzichtet auch auf regelmäßigen Kontakt mit seiner Familie und seinen Freunden in der Heimat (außer die staatliche Ballettschule ist in der Heimat). Bestimmte Sportarten, wie zum Beispiel: Ski fahren oder Tennis spielen, sollte man vermeiden, da hierbei die Gefahr einer Verletzung meist zu hoch ist. Um seinen Körper gesund und in Form zu halten, muss man diszipliniert auf die Ernährung achten und ein gutes Körpergefühl und Körperbewusstsein haben.

Apropos Körper. Um an staatlichen Ballettschulen angenommen zu werden, brauch man vor allem die körperlichen Voraussetzungen.

Körperliche Voraussetzungen sind zum Beispiel: ein hoher Span am Fuß, 180° Auswärtsdrehung in den Hüftgelenken, eine lange, dehnbare Muskulatur, ein robustes Immunsystem, fast hypermobile Gelenke und Bänder, eine Körpergröße im ausgewachsenen Alter von nicht mehr als 1,75 m bei Männern 1,85 m,  und lange, schlanke Gliedmaßen wären optimal. Man darf nicht vergessen: Der Körper muss dem täglichen, harten Training auf Dauer standhalten kann können.

Zum anderen werden sehr hohe physische Anforderungen an die angehenden Tänzer gestellt, wie zum Beispiel: Ein gutes Gedächtnis und eine schnelle Auffassungsgabe, Kondition und Koordination, ein besonderes musikalisches Gehör, ein ausgeprägtes Körpergefühl und einen starken, persönlichen Ausdruck. Bereits in der Ausbildung lernt man eine mentale Stärke zu entwickeln, um mit der Konkurrenz und Kritik umzugehen und nicht durch den großen Druck, im wahrsten Sinne des Wortes, in die Knie gezwungen zu werden. Das tägliche Training in der Ausbildung gewöhnt Körper und Geist schon früh daran, was einem im Leben des Tänzers erwarten wird.

Ganz schön viele Anforderungen und Verzichte. Dazu noch wenig aufbauende und motivierende Worte, ich weiß. Und das soll wirklich ein Traumberuf sein?

Nach der abgeschlossenen Ausbildung heißt es wieder „Beweise dein Können“ und besuche so viele Vortanzen wie möglich, um gesehen zu werden und im besten Falle bei einer Ballettkompanie unter Vertrag genommen zu werden. Wenn man einen Vertrag erhalten hat, arbeitet man sich vom Tänzer des „Corps de Ballet“ hoch zum Vortänzer der Gruppe. Als nächste höhere Stellung in einem Ballettensemble folgt der „Halbsolist“. Viele Tänzer erreichen nicht mal diese Position. Als Tänzer muss man ständig danach streben sich zu verbessern und bereit sein überdurchschnittlich viel zu trainieren und zu arbeiten, um letztendlich die nächste Stufe zum „Solist“ zu erreichen. Hier tanzt man allerdings immer noch nicht die erträumten Hauptrollen, sondern „nur“ die großen Nebenrollen. Hauptrollen werden von den „Ersten Solisten“ besetzt. Erste Solisten sind herausragende Tänzer mit perfekten körperlichen und physischen Voraussetzungen, auf denen sie sich aber nicht ausruhen. Im Gegenteil erste Solisten arbeiten tagtäglich an ihrer Technik und meist noch härter und intensiver als alle anderen Tänzer der Ballettkompanie.

Wieder fragt man sich „Wer möchte denn freiwillig Tänzer werden!?!“

Für viele Jungen oder Mädchen bleibt der Beruf des Tänzers auch nur ein Traum.

Ich spreche da aus Erfahrung.

Ich war damals 14 Jahre als ich mich bei dem Hamburger Ballettinternat von John Neumeier vorgestellt habe. Natürlich war ich zum einen zu „alt“ und zum anderen hatte ich die körperlichen Voraussetzungen nicht. Ich war unglaublich traurig und sehr unglücklich. Doch meine Liebe zum Tanz konnten mir auch durch die Absage nicht genommen werden. Denn eins wusste ich immer schon: Ein Leben ohne Tanz, wird nicht mein Leben sein! Ich habe mich den Tanz verschrieben. Es gibt weitere erfüllende, künstlerische und pädagogische Berufe. Es war kein Grund meinen Traum vom Tanzen aufzugeben. Ich entschloss mich für den Beruf der Tanzpädagogin. Dafür musste ich kämpfen und viel Überzeugungsarbeit leisten, aber das hat sich definitiv gelohnt!

Ich darf Tag für Tag tanzen und den Tanz an Tanzbegeisterte weitergeben. Auch wenn ich keine Ballerina geworden bin, lebe ich dem Traum vom Tanz weiter, eben nur in einer anderen Variation. Ich lebe in meiner eigenen Traumwelt mit einer harten, aber herzlichen Realität.

 

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