Erzähl mal… - 10 Fragen an Hannah Frank

Ich weiß, ich weiß. Ich wollte eine Blogpost- Pause einlegen, aber diesen Blogpost wollte ich einfach machen. Es ist eine Herzensangelegenheit für mich.

Hannah Frank ist 18 Jahre, in Lemgo geboren und aufgewachsen. Hat dieses Jahr ihr Abitur im Marianne- Weber- Gymnasium bestanden und tanzt seit sie 5 Jahre ist Ballett an der Ballettschule Lemgo. Im Alter von 9 Jahren kam Hip-Hop dazu. Vor 4 Jahren Stepptanz. Seit April 2020 noch Musical Jazz. Gesangsunterricht nimmt sie seit 5 Jahren und Schauspielunterricht hat sie per Zoomtraining in Amerika seit dem zweiten Lockdown.

Es ist September und die letzten Stunden von Hannah in der Ballettschule Lemgo sind angebrochen. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge werde ich sie bald verabschieden müssen. Aber vor allem voller Stolz werde ich sie gehen lassen, denn Hannah wird ihren Tanz, ihre Stimme und ihr Schauspiel in Barcelona am Institut of the Arts Barcelona (IAB) verbessern und Musical studieren.

Das macht mich als ihre Lehrerin einfach nur unglaublich stolz, denn Hannah ist eine meiner ersten Schülerinnen, die ich nach meiner Ausbildung übernommen habe. Ich nenne sie alle immer meine ersten, eigenen „Küken“. Ja, und eins dieser Küken ist nun zu einem Schwan herangewachsen und geht jetzt raus in die große Welt des Showbusiness‘, um den Beruf der Musicaldarstellerin zu erlernen.

Ihr fragt euch warum wir dieses Interview geführt haben und ich eine Pause von meiner Blogpost- Pause gemacht habe?

Es hat zwei gute Gründe. Erstens: Wir möchten allen jungen Menschen, vor allem aus Kleinstädten, wie zum Beispiel Lemgo, zeigen, dass dies kein Grund ist, sich nicht an großen, erfolgreichen, bekannten Schulen zu bewerben. Wir möchten euch ermutigen euren Traum zu leben und nicht nur zu träumen. Egal ob ihr aus Berlin oder Lemgo kommt, das sind nur Grenzen in eurem Kopf. Nehmt die Herausforderung an und macht es zum Teil eurer Geschichte.

Den zweiten Grund verrate ich euch zum Ende des Beitrags. Lernt Hannah hier im Interview nun erst einmal kennen. Ich habe ihr 10 Fragen zu ihrem Weg bis zum IAB gestellt.

 

Annelie: Hannah, gab es einen bestimmten oder entscheidenden Moment, wo du dich für den Beruf „Musicaldarstellerin“ entschieden hast?

Hannah: Ich liebe Tanz, Gesang und die Bühne, seit ich denken kann. Mein Papa stand mit seiner Musical Company auf der Bühne, während ich noch in der Babywiege im Publikum lag. Ich glaube ich bin somit einfach schon damit aufgewachsen und irgendwie auch reingewachsen in dieses Business.

 

Hast du schon immer darüber gesprochen hat, dass du Musicaldarstellerin werden möchtest? Oder hattest du Angst davor belächelt zu werden?

Eigentlich habe ich das schon immer laut ausgesprochen. Schon damals als wir in Politik unseren Berufswunsch aufschreiben sollten, habe ich Musicaldarstellerin aufgeschrieben. Natürlich gab es viele, vor allem Erwachsene, die immer sagten, dass sich das bestimmt noch ändern würde, und ja ab und an dachte ich auch das ich vielleicht mal Astronaut werden könnte, aber irgendwie bin ich immer wieder zum Berufswunsch Musical gekommen.

 

Der Weg zur IAB war nicht ganz einfach. Du hattest leider auch einen Rückschlag. Magst du uns davon erzählen und uns vielleicht auch etwas an deinem Gefühlschaos teilhaben lassen?

Ich hatte mich vor gut einem Jahr eigentlich an einer Uni in Glasgow beworben. Sie haben mich angenommen und mir sogar ein Halbstipendium versprochen. Anfang Mai habe ich meinen Wohnungsvertrag unterschrieben und wollte meine neue Mitbewohnerin per Facetime kennen lernen. Ein paar Minuten vor diesem ersten Treffen, erhielt ich eine E-Mail von der Uni: „Wir müssen dir leider doch eine Absage erteilen, da die Kosten, aufgrund des Brexits, zu hoch für uns wären.“ Das war ein Schlag! Zum einen so kurz vorher und zum anderen: Ich hatte gar keinen Plan B. Ich war natürlich erstmal aufgeschmissen und verzweifelt was ich nun machen sollte, denn mir war so klar, dass ich dieses Jahr noch aus Lemgo weg bin. Ich hatte dann kurzzeitig überlegt, ob ich eine Art „Work and Travel“ machen sollte. Doch das fühlte sich einfach nicht richtig an. Das war und bin ich nicht. Ich will doch meinen Traum leben und nicht einen Plan B leben.

Ich habe dich erstmal eine Woche lang in Ruhe gelassen und gehofft, dass du dich von diesem Schlag wieder erholst und bloß nicht deinen Traum aufgibst. Was ich echt unprofessionell vom Hamilton Theatre Arts fand, war einfach auch der Zeitpunkt. Alle Bewerbungszeiträume waren abgeschlossen und Bewerbungen eigentlich nicht mehr möglich. Das hat mich total geärgert und sauer gemacht…

Jeder hat mich erstmal in Ruhe gelassen. Ich musste, dass auch echt erstmal verkraften, realisieren und verarbeiten. Aber nun wissen wir ja, wofür dieses Erlebnis gut war. Dadurch habe ich die IAB gefunden und mich dort noch bewerben können.

 

Ich schaue nicht gerne zurück. Lieber nach vorne. Aber trotzdem 13 Jahre Ballettschule Lemgo. Was sind deine Top 3 Erlebnisse, auf die du zurück schauen kannst.

Das ist richtig schwer. Es ist ehrlich gesagt, die ganze Zeit. Das Miteinander eben wie eine Tanzfamilie. Dieses familiäre Training. Na klar sind es auch die Vorbereitungen der Aufführung, die jedes Mal ein absolutes Highlight waren.

Was war denn deine persönlich schönste Aufführung?

Hannah: Das war „Der Zauberer von OZ“, als wir die Mohnblüten getanzt haben. Unser erster Spitzentanz und ich durfte eine der vier Mohnblüten tanzen, die mit den Arabesquen aufgetreten sind. Ich kann mich noch so gut daran erinnern, wie sehr wir die Arabesquen hinter der Bühne bis kurz vor unserem Auftritt geübt haben. Ja das war ein großartiges Erlebnis.

Nach dem Interview haben Hannah und ich uns noch etwas unterhalten und waren derselben Meinung, dass auch die kleinen Auftritte bei Veranstaltungen ein ganz besonders Highlight waren und vor allem die Gruppe zusammen wachsen lassen hat.

 

Schauen wir nun nach vorne. Auf was freust du dich an der IAB?

Auf die Menschen mit derselben Leidenschaft und auf die Kontakte, die ich dort dann hoffentlich schnell knüpfen werde. Sei es mit den Studenten, aber auch mit den gastierenden Choreographen oder Dozenten.

 

Wo siehst du dich in 5 Jahren?

Schwer zu sagen. Man weiß nie was die Ausbildung aus einem macht, aber zurzeit würde ich mich am Westend in London sehen. Vielleicht auch irgendwann mal am Broadway, aber in 5 Jahren würde es mir auch reichen eine unerfolgreiche Darstellerin am Westend in London zu sein.

 

Ich glaube, wenn man am Westend ist, dann ist man alles andere als unerfolgreich. Aber wir sind gespannt, wo du in 5 Jahren stehst. Kommen wir zur nächsten Frage.

Würdest du uns von deiner Audition für das Institute of the Arts Barcelona erzählen?

Die Audition bestand aus zwei Teilen. Für den ersten Teil musste ich Videos von mir schicken. Ein Tanzvideo, einen Monolog und ich musste zwei unterschiedliche Lieder vorsingen. Nachdem sie die Videos gesehen haben, haben sie mir eine Email geschrieben, dass ich zur Live-Audition via Zoom eingeladen bin. Die erste Hürde war also geschafft. Die Zoom- Live Audition fand mit anderen Mitbewerbern statt. Wir hatten erst eine Ballet Masterclass, danach eine Jazz Masterclass bei Dozenten von der IAB. Im Anschluss hatte jeder einzeln eine Interview oder eine Art Vorstellungsgespräch auf Englisch mit dem Leiter der Musical- Abteilung. Das Interview fing damit an, dass ich nochmal eins meiner Lieder von den Videos vorsingen musste. Ich fand, dass ich das echt verhauen habe. Meine Stimme hat gezittert und ich war viel zu nervös. Aber anscheint war das nicht ausschlaggebend, denn zum Ende des Gesprächs wurde mir mitgeteilt, dass ich angenommen bin. Damit habe ich einfach null mit gerechnet. Eigentlich hätte ich 2 Wochen lang auf irgendeine Rückmeldung warten müssen.

 

Was würdest du den Mädchen oder auch Jungen als Tipp oder Rat mitgeben, wenn sie sagen: „Das will ich auch machen!“?

Es sind die alten Floskeln und immer dieselben Sprüche, aber ich kann aus Erfahrung sagen, dass sie alle stimmen. Lasst euch nicht entmutigen. Bleibt dran und denkt nicht, dass, weil ihr aus einer Kleinstadt wie Lemgo kommt, man Grenzen hat. Und vor allem bleib dir selbst treu. Vertrau auf das was du kannst und wer du bist. Jeder ist individuell, vergleiche dich nicht mit anderen, was wahrscheinlich leichter gesagt als getan ist.

Ich weiß auch, dass du viel über Musicals, Darsteller oder auch die Universitäten gelesen hast. Und du hast dir sogar, was ich total cool und clever fand, Auditions und Interviews über Auditions im Internet angeschaut. Also du hast wirklich viel nach gegoogelt, nachgeforscht und dich supergut informiert.

Das stimmt. Somit war ich gut vorbereitet für die Audition, falls zum Beispiel Fragen über die Uni gestellt wären. Also Recherche ist auch ein wichtige Teil der Vorbereitung.

 

Die 10 Frage, wollte ich nicht als Frage formulieren, sondern dir die Chance geben deine letzten Worte rauszuhauen.

Ich kann einfach nur nochmal sagen: Gebt niemals, niemals, nie auf und lasst euch nicht entmutigen. Wenn ihr diesen Traum habt, dann kann euch einfach nichts davon abbringen. Trainiert fleißig und glaubt an euch.

Ich glaube das Training muss ab einem gewissen Zeitpunkt auch absolute Priorität werden, oder?! Erst Schule, dann Training und danach die Partys oder alles Weitere.

Absolut. Wobei bei mir auch das Training noch vor der Schule kam, muss ich gestehen. Das wurde mir häufig gesagt, aber es war halt immer das Wichtigste für mich.

Das kann ich vollkommen nachvollziehen, weil es bei mir nicht anders war. Wenn man einfach schon früh weiß, was man machen will und werden will und so eine Leidenschaft dafür hat, dann kann da nichts zwischen kommen.

 

Über Instagram sind noch weitere Fragen von Followern gestellt worden. Diese und das gesamte Interview dürft ihr euch gerne auf dem YouTube Kanal der Ballettschule Lemgo anschauen. Ach ja, und natürlich hier noch der zweite Grund:

Der Traum in den Bereich Tanz, Schauspiel und Gesang ist meist immer sehr kostspielig. Ihr habt Hannah nun kennen gelernt und bestimmt gemerkt, dass sie Feuer und Flamme und voller Leidenschaft für das Musical ist. Ihre Eltern können ihr die teure Ausbildung finanziell ermöglichen, doch sie hat sich, nach dem Tipp von ihrem Vater, dafür entschieden über das Crowdfunding, noch etwas finanzielle Unterstützung zu besorgen. Das Leben in Barcelona ist recht teuer und auch Tanzsachen oder Fachbücher müssen gekauft werden. Ach ja, und Essen sollte sie auch immer im Hause haben. Daher würden wir uns freuen, wenn ihr Hannah und ihren Traum vielleicht finanziell unterstützen möchtet.

Hier geht es direkt zu Hannahs Crowdfunding Seite. Schaut gerne mal vorbei!

 

Die letzten Worte dieses Blogposts möchte ich gerne Hannah und allen jungen Menschen mit großen Traumen widmen:

Ich danke euch für eure Leidenschaft. Für eure Liebe zur Kunst und Kultur.

Ich danke euch, dass ihr anderen Menschen mit eurem Talent begeistern und bereichern wollt.

Ich danke euch, dass ihr euch traut laut zu träumen in einer Welt, in der man viel zu oft für große Träume belächelt wird.

Der Weg wird nicht immer gerade verlaufen und manchmal sieht er auch aussichtslos aus, doch denkt immer daran, WARUM ihr diesen Traum hattet und wie alles angefangen hat.

Wenn ihr fallt, steht immer wieder auf.

Wachst an den Herausforderungen. Nehmt sie an.

Gebt euch nicht auf. Gebt euren Traum nicht auf. Lebt ihn. Tanzt euren Traum.

Alte Floskeln, ich weiß, aber sie sind alle wahr.

 

Hannah, dir wünsche ich von ganzem Herzen, alles Gute, Glück und Gesundheit und hoffe das dein Weg dich dort hinführen wird, wo du hin willst.

Und denk immer dran: Einmal Tanzfamilie, immer Tanzfamilie. Wir werden dich sehr vermissen.

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