Dehnen ist nicht gleich Dehnen.

Der heutige Blogbeitrag ist etwas medizinisch und anatomisch angehaucht (das Tanzmedizin- Seminar zeigt seine Wirkung). Heute erfährst Du etwas über das wichtige Thema: Dehnen.

 

Mit dem Dehnen ist wie mit einer Modeerscheinung. Mal in. Mal out. Beim Tanzen ist Flexibilität und Beweglichkeit allerdings immer ein wichtiger Bestandteil. Was aber nicht außer Acht gelassen werden darf ist, dass Stretching im Zusammenhang mit der Stabilisierung und Kräftigung der Muskulatur sein sollte, um Fortschritte zu erzielen. Durch sinnvolles und korrektes Dehnen kann die sportliche Leistung und Leistungsfähigkeit verbessert werden. Korrekt im Sinne von der Ausführung und welche Art des Dehnens man wann anwenden sollte.

Heute verrate ich dir zum einen die effektivste Dehnmethode und zum anderen wann der beste Zeitpunkt für welche Dehnmethode ist.

 

Kurz vor weg: Es gibt zwei Hauptmethoden des Dehnens: Aktiv und Passiv. Diese werden noch in statisch und dynamisch unterteilt. Um das besser zu erklären habe ich kurze Videos gemacht, die auf dem Instagram Account der Ballettschule Lemgo in kürze zu sehen sind. Also vergiss nicht den Account zu abonnieren, um nichts zu verpassen! 😉

 

Wichtig ist: Wir müssen zunächst einmal wissen, dass wir zwischen Flexibilität und Mobilität unterscheiden.

Flexibilität beschreibt die Beweglichkeit, die ein Gelenk zulässt, wenn von außen eine Kraft wirkt. Beispielsweise wenn ich dein Bein nehme und so weit in die Luft hebe, wie es geht.

Mobilität hingegen ist, wie weit du mit eigener Kraft dein Bein heben kannst.

Wenn du beweglicher werden möchtest, solltest du vor allem deine Mobilität arbeiten.

Und genau hier werden die meisten Dehnmethoden ineffektiv. Denn damit du deine Mobilität verbessern kannst, benötigst du eine aktive Beteiligung des gesamten Körpers bzw. des zu dehnenden Muskels.

Vielleicht fragst Du dich: Wann sollte ich mich wie dehnen und vor allem mit welcher der ganzen Methoden?

 

In den 80er Jahren waren statische Dehnungen in jedem Warm Up Gang und Gebe. Doch mittlerweile weiß man, dass diese Dehnmethode vor dem Training sehr uneffektiv ist, da sie die Leistungsfähigkeit senken lässt. Auch Dehnungen über 30 Sekunden zu halten sind, laut Forschungen, eher negativ für einen Leistungserfolg. Vor dem Training ist ein dynamisches Dehnen am besten geeignet. Im Allgemeinen kennt man dies unter dem sogenannten „Bouncen“. Hierdurch kann die Leistung erhöht werden und Verletzungen vermindern. Wie intensiv du vor dem Training dynamisch dehnst, hängt von deiner Grundbeweglichkeit ab. Je geringer diese ist, desto länger solltest du dich dynamisch Dehnen, um die Gefahr von Muskelverletzungen zu reduzieren. Und natürlich ist es auch wichtig zu schauen, was du für dein anschließendes Training an Mobilität brauchst. Genauso effektiv ist die CRAR- Methode als Warm Up geeignet. Hier musst du allerdings vorsichtig sein: Verlange nicht gleich zu viel, ansonsten kannst du eine Zerrung oder im schlimmsten Fall einen Muskelfaserriss riskieren.

Während des Trainings, im Ballettunterricht meist nach dem Stangenexercise, ist ein kurzes passives Stretching geeignet, sowie ein kurzes statisches Dehnen, dies sollte aber nur kurz ausgeführt werden, da sonst die Schnellkraft verringert wird und somit kontraproduktiv für anschließende Pirouetten und Sprünge in der Mitte wäre. Die CRAC- Methode ist selbstverständlich auch an diesem Zeitpunkt wieder effektiv und sinnvoll.

Nach dem Training bietet sich ein exzentrisches Dehnen an, da die Muskulatur nach dem Training sehr gut erwärmt ist. Zudem entspannt diese Dehnmethode den Muskel. Exzentrisches Dehnen verlängert sich der Muskel unter Kraft, es wird auch „Nachgebendes Dehnen“ genannt. Aber auch das siehst du in einem kleinen Video bei Instagram.

 

Du hast nun schon häufiger den Namen „CRAC- Methode“ gelesen. Diese Dehnmethode stellt sich als sehr effektiv da und daher möchte ich diese einmal genauer erklären. Eigentlich benötigt man dafür einem Partner, aber man sich einem Theraband aushelfen. Als erstes bringe deinen zu dehnenden Muskel an die Grenze deines Bewegungsumfanges. (Bitte schmerzfrei!) Dann geht es los mit dem Dehnungsprozess:

 

C- ontract

Kontrahiere/ Spanne deinen zu dehnenden Muskel gegen einen Widerstand an. Diesen Widerstand stellt entweder der Partner oder das Theraband. Halte die Kontraktion für etwa 6-8 Sekunden.

 

R-elax

Entspanne den Muskel, aber halte den Bewegungsumfang, der möglichweise auch schon vergrößert wurde.

 

A-ntagonist C-ontract

Der gegenwirkende Muskel des zu dehnenden Muskels, arbeitet gegen einen Widerstand des Partners oder Therabandes. Diese Anspannung wird erneut für 6 bis 8 Sekunden gehalten und anschließend entspannt. Dieser Prozess kann mehrere Male wiederholt werden.

 

Auch hier wird es bald ein kurzes Video geben.

 

Apropro Videos: Bei vielen Videos auf YouTube oder den anderen Sozialen Medien sieht man immer wieder TänzerInnen, die anscheint keine Knochen haben und sich extrem überdehnen können. Natürlich sind diese Menschen von Natur aus gut gedehnt, beweglich und haben außerdem besondere anatomische Veranlagungen. Allerdings nimmt dieses extreme Überdehnen in meinen Augen Überhand. Es ist, wie ich persönlich finde, nicht mal schön. Die schönen Linien werden mit Overspilts (Überspagat) oder viel zu ge-/verbogenen Rücken gebrochen. Und zum anderen ist es gar nicht gesund. Mein Aufruf an alle hyperflexiblen TänzerInnen, aber auch sehr flexiblen „Ottonormalverbraucher“, kräftigt und stärkt eure Muskulatur mit Dehnübungen!

Stell dir vor dein Muskel ist ein Gummiband, was mit der Zeit und bei zu viel Überdehnung und zu wenig Krafttraining, ausleiern wird. Passiert dies, verliert der Muskel an Kraft und vor allem an Funktionalität. Eine Folge davon ist zum Beispiel ein erhöhtes Verletzungsrisiko. Ballettunterricht biete daher auch neben der Dehnung, ein Krafttraining, um solche Risiken zu vermeiden.

Also tanzt du schon oder dehnst du nur?

Übrigens zu einem sinnvollen und effektiven Dehnen zählen auch Ruhephasen und Regenerationstage, aber das ist ein anderes Thema.

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